Olli`s Alleingang.

Na so was.





Die Korrespondenz die daraufhin zwischen mir und Nico gewechselt wurde möchte ich nicht verschweigen. (Nico möchte nächstes Jahr unbedingt mit)

Reiner:
Neid gegenüber Olli wird immer größer. Fangstatistik am Lagen war noch
nie so gut. Gestern wurde super gefangen.

Nico:
Bitte nicht immer "Olli", "Lagen" und "Numedal" erwähnen, kann mich so
schon kaum zur Arbeit motivieren ;-(

Reiner:
Gut.
Nach so einer Aktion müsste der, dessen Name nicht genannt werden darf
eigentlich deftigst einen ausgeben.

Nico:
Dafür bin ich auch, am besten an einem netten Forellenflüsschen mit klarem
Wasser, um seine Seele wieder rein zu waschen ;-)

Reiner: (1Tag später)
Der dessen Name nicht genannt werden darf hat einen Lachs von 4,3kg aus dem Lagen gezogen.
Anbei das Foto. Echt toll, obwohl ...da hat er uns ja schön überrumpelt -
ich glaube den können wir nicht zählen ;-) - oder, was meinst du?

Nico:
Absolut! Ist zwar ein traumhafter Fisch und noch dazu ein klasse Foto,
aber einfach so mal hinter unserem Rücken hinjetten und die Fische für nächstes Jahr wegfangen.
Nee, nee, nee! Trotzdem freu ich mir für den dessen Namen wir erst wieder nennen sobald
er uns geräucherten Lachs serviert hat! Bis jetzt hat er sich ja immer noch zurück gehalten wenn es ums Fangen ging, da ist ein Ausrutscher mal drin ;-)

X: (wieder zurück)
Ein bisschen durchgeknallt seid Ihr schon.

Reiner:
Wie willst du das sonst auch aushalten?

Nico:
So bin jetzt auch wieder am Platz (war mal kurz in Köln).
Mr. X: Unsere psychischen Problem hast du uns doch eingebrockt. Reiner,
erzähl ihm mal von der geplanten Gruppentherapie.

Reiner:
Ach Nico,zum Glück, ich dachte schon du hättest ne Einzeltherapie in Anspruch genommen. Bist einfach so verschwunden.... :-(
Jaaaa, die Gruppentherapie die wir in einem Gutshof, bei einer Gutaussehenden, Geilen, Gruppentherapietante an einem Glasklarem
Gletscherbach Gelegen gebucht haben und die Geld kostet (die Gruppentherapie) und von dem, dessen Name nicht genannt werden darf Gezahlt werden muss.
Gibt uns sicher Gelegenheit zu einigen Glücksmomenten und wir können das Gefangen haben des Grossen nicht Grilses vergessen.

Gruss, Greiner

Nico:
Aufhören ich lach mich krank.

X:
zu eurer (Mr. Popp und Mr. Konrad ) Unterhaltung: Einen Klaren gebe ich
gerne aus, wenn Ihr das braucht. Aber eigentlich hätte ich ihn verdient :-D
CU, X

Nico:
Hallo X
Klar brauchen wir das! In irgendetwas müssen wir ja unseren Frust
ertränken. Aber ich hatte es Reiner ja schon gesagt, eigentlich warst du
auch langsam mal an der Reihe nach so vielen Fehlbissen und Nachläufern.
Also, sobald der Klare geflossen ist, müssen wir deinen Lachs feiern und
bei der Gelegenheit taufen wir dich dann auch wieder (so ganz ohne Name ist
doch nix)...

X:
OK,OK, ich geb einen aus.


Reisebericht von Olli.

"Mein  Alleingang"

Wieder zu Hause und doch nicht zu Hause. Die verpassten Chancen rauben mir den Schlaf. Meine Gedanken kreisen Tag und Nacht um „Lachs“: In diesem Jahr war alles anders. Ich habe bewusst ausgewählte Spots abgefischt, nicht einfach das Wasser abgekämmt. Ich konnte natürlich nicht voraussagen wann die Bisse erfolgen würden, sie erfolgten aber WO ich sie erwartete.

Jetzt ein Jahr warten und die Hälfte an Erfahrung und Routine vergessen, das kann nicht sein. Ich verfolge die Fangstatistik des Lagen im Internet. Dort ist das Wasser erheblich gestiegen, die Fangzahlen schießen in die Höhe, mein Terminkalender weist eine erfreuliche Lücke zwischen dem 11. und 14. September auf. € 19,99 für Hin- und Rückflug sagt Ryanair. Vorsichtshalber buche ich ein Ticket. Arne anrufen, Unterkunft? Kein Problem. Die Buschtrommeln funktionieren, ich erhalte am gleichen Tag eine Mail von Tom, Zitat: “This week salmon running fast up river, we have plenty of water. Fishing has been good.” Jetzt zum schwierigsten Teil. Wie sag´ ich´s meinem Schätzchen?. „ Katja, äh, wie soll ich das sagen...ich muss noch mal nach Norwegen“ „Was heißt konkret, DU MUSST?“ „ Ja das ist so, ich kann hier nicht rumsitzen und den verpassten Chancen nachtrauern. Ich drehe durch, wenn ich´s nicht noch mal versuchen kann.“ „Und was willst Du jetzt von mir hören?“ „Ich will hören, dass ich gehen soll“ „ Aber natürlich Schatz, Du sollst“. Das ist das Startsignal. Während der Anreise geht mir so einiges durch den Kopf. Was, wenn’s wieder nicht klappt. Ist das überhaupt zu ertragen? Außerdem, auf großer Fahrt war bisher immer Freund Reiner dabei. Wie wird das sein, so ganz alleine? Andererseits habe ich bisher immer besser gefangen, wenn ich ohne Gesellschaft war.
Am Lagen angekommen, inspiziere ich zunächst Vabrottet. Dort ist nichts, wie es war.

 

Der Fluss erscheint nach dem Hochwasser völlig umgekrempelt. Wo früher Sand war liegt jetzt Geröll und umgekehrt. Am Parkplatz treffe ich den gebürtigen Österreicher Ernst Wannemacher der gerade einen Lachs in seinem Wagen verstaut. Er lebt aber seit 40 Jahren in Norwegen. (Er betreibt nebenher eine kleine Fliegenfischerschule) Ich frage ihn, mit welcher Fliege er den Fisch gefangen hat. Die Fliege sei unwichtig, sagt er. Wenn der Lachs beißen will, nimmt er jede Fliege, die ihm mit der richtigen Geschwindigkeit in der richtigen Tiefe begegnet. Zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, darauf kommt es an!
Am Nachmittag des 11.09.: Auf dem schmalen Uferpfad kurz vorm Einstiegspunkt in der Gelben überholt mich ein Fliegenfischer im Laufschritt. Seine Wathosen sind nass, er war wohl bereits im Wasser. Am Einstiegspunkt, wo er sein Biwak aufgeschlagen hat, kramt er fieberhaft in seiner Tasche. Zitternd wechselt er die Vorfachspitze aus und knüpft eine frische Fliege an. Er sieht blass aus. Die Antwort auf meine Frage, ob er bereits etwas gefangen hat, fällt kurz aus. „I just lost a fish“, kurze Pause, auf den Fluss blickend:      „a big one”. Dann sprintet er den Uferweg zurück bis zur Insel (Kallebergoya) wo er ins Wasser rennend, sofort Schnur von der Rolle zieht und das Werfen beginnt.
Ich habe an diesem Tag keinen Biss, nicht mal einen Zupfer. Aber ich habe 3 Mal mit Reiner telefoniert, um ihn auf dem Laufenden zu halten…

Abends sitze ich bei Tom und seinem Freund Åke im Wohnwagen. Wir trinken Irischen Whiskey und reden übers Fischen. Åke fischt am liebsten auf Meerforellen, und zwar nachts. „Warum nachts“, möchte ich wissen. „Weil… „ und dann macht er eine Geste die zeigt, wie es ihm die Rute aus der Hand reißt, und verabschiedet sich zum Fischen. Tom schlägt vor, seine heute gefangene Meerforelle gemeinsam zu verspeisen. Morgen. Zubereitet nach einem Rezept seiner Großmutter.

12.09.
Den Morgen beginnen Åke, Tom und ich in Fossa West. Dichter Nebel hängt über dem Wasser. Ich bin enttäuscht, weil die Stelle, an der Reiner den Dicken gedrillt hat, aufgrund des Wasserstandes unbefischbar ist. Tom fischt wenig und fotografiert viel. Super, endlich bin ich auch mal auf Fotos zu sehen. Toll, wäre natürlich ein Drillfoto, aber ich glaube nicht recht dran. Der Nebel wird nämlich immer dichter. Eine richtige Suppe ist das.

Irgendwann, als wir uns zum Ende der Gelben vorgearbeitet haben reißt der weiße Vorhang auf. Ein Ruderboot löst sich vom anderen Ufer. Tom winkt dem alten Mann in diesem Boot zu. Es ist ein Freund seines Vaters.

 

Er lebt in einem Haus direkt am Fluß. Seit seiner Kindheit befischt er diesen Bereich. Er führt drei Ruten mit sich: Eine Spinnrute, und zwei Fliegenruten deren eine witzigerweise mit einem Wobbler bestückt ist. Dieser Grenzbereich zwischen Gelb und Blau sei eine der besten Stellen im Fluss, sagt er. „Auf Meerforelle?“ frage ich. „Nein auf Lachs“ antwortet der Mann. „Aber jetzt bei Nebel macht es doch wenig Sinn“ gebe ich zu bedenken. „Das ist richtig“ antwortet er, „aber wenn die Sonne durchbricht, suchen sich die Fische neue Standplätze. Unter Wasser wird alles neu geordnet, und dann sind sie eine kurze Zeit sehr agressiv.“ Aha. Der alte Herr verabschiedet sich, Tom und ich begeben uns ins Wasser und befischen die Superstelle zur Superzeit. Leider passiert unter Wasser nichts, auch bei mir nicht, dem König der Zupfer. Meinen Lachs hänge ich in diesem Moment geistig an den Nagel. Den Nachmittag verbringe ich allein am Wasser, erfolglos, was die Lachse betrifft. Am Flussufer sammle ich wunderbare Birkenpilze, die hier zurzeit in rauen Mengen wachsen. Das ist doch auch etwas.
Am Abend bereiten wir Toms Meerforelle a´la Großmama zu. Der Fisch wird großzügig mit einer Mischung Pilzen, Petersilie, Pfeffer Salz gefüllt und ca. 60 min im Ofen gebacken. Gurkenscheiben werden in einem Sud aus reichlich Essig und Öl, Dill, Zwiebeln, Pfeffer als eine Art kalte Suppe gereicht. Beilage sind Pellkartoffeln. Dazu haben wir meinen Erster-Lachs-Champagne („Brut Mosaique“ von Jacquart) zweckentfremdet und getrunken. Man soll die Feste feiern wie sie fallen. Und an einen Fangerfolg glaube ich eh nicht mehr.

13.09. Das bereits weit fortgeschrittene Jahr hat ja auch Vorteile. Hier wird es erst um 0700 Uhr hell. Ausgeschlafen kann ich mich deshalb auch an diesem Morgen ans Wasser begeben. Auf dem Programm steht: Kontemplatives Fliegenwerfen mit einer Zweihand. Im Nebel natürlich. Zwei weitere Fliegenfischer befinden sich schon im Wasser und fischen fast statisch. Nach unbewegten 15 min erlaube ich mir unterhalb von ihnen einzuwaten. Als ich mich zweimal bisslos die 400 m bis zur Insel hinuntergefischt habe, beschließe ich Pause zu machen. Erstens, ist immer noch Nebel und zweitens, fische ich bereits seit 1 ½ Stunden. Am Brufoss Lakse Center entspinnt sich zwischen einem Norweger und mir eine Unterhaltung. Ob ich was gefangen habe möchte er wissen. „Nö in, vier Jahren nicht, und heute auch nicht. Garnix.“ Und er, frage ich, ob er schon mal einen Lachs gefangen hat. „Nö, auch noch nie“. „Eigentlich ist es doch verrückt“, gebe ich zu bedenken, „es trotzdem immer wieder auf Lachs zu versuchen“. Verrückt könne er das überhaupt nicht finden, gibt dieser zurück, er sei schließlich nicht wegen der Fische hier“. „Warum dann?“ möchte ich wissen. „Because you meet happy people at the river“ ist die Antwort. Dann begibt sich der Mann ans Wasser.

 

Ich rufe Reiner an. „Der Olli hat einen“ meldet sich dieser. „Nö“, sage ich, das wird dieses Jahr nichts mehr. Wollt nur mal ein bisschen schwätzen“ Arne kommt raus und fragt ob ich an meinem letzten Tag nicht, noch ein bisschen Angeln möchte. Doch schon sage ich, wenn ich ausgetrunken habe. Am Wasser angekommen, reißt der Nebel auf. Die beiden statischen Angler, haben sich auf die andere Seite des Flusses begeben, die sie sich mit drei weiteren unbeweglichen Kollegen teilen. Ich habe meine Seite für mich ganz allein. Nach allem, was ich dem letzten Jahren gelernt habe, könnte jetzt der richtige Zeitpuk sein, am richtigen Platz. An diesem Superpool drücken die Gegenüberfischer, die Lachse an mein Ufer. Aueßerdem sind die Fische aggressiv nervös, weil die Sonne durchbricht. Und ich habe die ganze Seite für mich allein. Das kann funktionieren. Ich wate so vorsichtig wie möglich raus. Ich fische schnell, wie angeraten, heute zum ersten Mal mit einem General Practitioner, den Reiner für unseren ersten Trip vor vier Jahren gebunden hat. GP saust durchs Wasser und sieht dabei gut aus. Am Ende der Drift hebe und senke ich die Rute einige Male bevor ich den nächsten Wurf anlege. Mist, auf den dritten Wurf ein Hänger. Ich ziehe an der schnur, dabei glaube ich zu spüren, wie der Haken über den moosbewachsenen Stein rubbelt. Und dann bewegt sich der Stein. Nur ein bisschen. Und steht. Komischer Hänger. Dann schüttelt er den Kopf. Ich weiß jetzt dass ein Fisch an meiner Schnur hängt. Ohne vorher anzuklopfen. Ich schlage an, sicherheitshalber. Der Fisch steht. Ich bin völlig ruhig, was mich wundert. Ich gehe dem Fisch einige Meter entgegen und nehme die gesamte freie Schnur auf. Nur wenige Meter trennen mich nun von ihm, aber vor allem bin ich jetzt an einer seichten Stelle, wo ich den Fisch an Land bringen kann. Ich gebe seitlich Druck um den Lachs in Bewegung zu bringen. Es klappt, er schwimmt aber nicht sehr weit. Auch er hat scheinbar nicht vor, diesen Bereich zu verlassen. Wieder seitlich Druck, schwimmt, steht. Ich kenne die Grenzen meiner Schnur nicht, bin druckvoll und vorsichtig zugleich. Ein paar Mal hat der Fisch Tendenzen zur Oberfläche zu kommen, dann gebe ich ein bisschen nach, denn springen soll er nicht. Er bleibt unten. Wir kommen uns immer näher, weil ich auf ihn zugehe, nicht er auf mich. Aber im zurückgehen nehme ich ihn mit. Jetzt führe ich ihn im knöcheltiefen Wasser spazieren. Mann, was ein Vieh! Wie bekomme ich den an Land?

 

Den Schwanzwurzelgriff schaffe ich nicht (mir fehlt die Praxis), dann halt den Klassiker: Der Fisch soll sich selbst an Land befördern. Den Gefallen tut er mir nicht. O.k, auch ich kann anders. Ich greife im flachen Wasser mit beiden Händen zu und werfe 4,3 kg Lachsdame aufs Trockene. Endlich. Ich habe gewonnen und ich bin glücklich. Geschafft. Juhu!

Der Olli!
Ich schlage den Fisch ab und möchte dann ein Foto machen. Aber das gelingt mir nicht. Ich bin aufgewühlt, zittrig, alles gleichzeitig kann mit meiner Kamera nicht mehr umgehen. Na, dann rufe ich mal den Reiner an „Reiner, deine Fliege hat´s gebracht…“

Wie es jetzt weiter geht? Nach dem Lachs ist vor dem Lachs!